AktuellesMit Struktur für den Alltag raus aus der Krise
Freitag, 25. Juli 2025
Therapeutikum eröffnet neues Angebot "Junges Wohnen"

NECKARSULM In den vergangenen 50 Jahren seien es vor allem, so formuliert es Geschäftsführerin Martina Wieland, mittelalte Menschen gewesen, die beim Therapeutikum Hilfe suchten und fanden. Doch inzwischen haben mehr und mehr junge Leute psychische Probleme. Für sie hat die paritätische Einrichtung nun ein neues Angebot geschaffen. ,,Junges Wohnen" in Neckarsulm kombiniert das Leben in Wohngemeinschaften mit einer betreuten Tagesstruktur.
Eine große Küche, in der mittags gemeinsam gekocht wird. Räume für Bewegungsangebote, Arbeitstherapie, aber auch zum Entspannen oder Tischkickern, alles in pastelligen Tönen, weil die sich besser auf die Psyche auswirken - das ist die neue Tagesstruktur, die gegenüber dem Audi Forum geboten wird. ,,Was ich so wichtig finde, ist, dass es mehrere Rückzugsmöglichkeiten gibt, die Leute nicht die ganze Zeit aufeinander hocken müssen", erläutert Martina Wieland. Oft seien die Rehabilitanden eher ängstlich, sehr zurückhaltend mit ihrer Umwelt.
Anfragen Ausgerichtet ist die Tagesstruktur auf zwölf Personen, soll perspektivisch aber auf 18 erweitert werden, wie Miriam Rank, Teamleitung Wohnen, erklärt. ,,Die Anfragen sind da." Montag bis Freitag kommen die 18- bis 25-Jährigen hier her und nehmen an den unterschiedlichen Angeboten teil. Ein bunter Mix aus Arbeitstherapie, Krisenbewältigung, Kreativangeboten, aber auch Bewerbungstraining und gemeinsame Suche nach Praktika oder einfach nur den Sozialraum erkunden. ,,Wir machen auch Mobilitätstraining, manche können wegen ihrer Ängste nicht Bus fahren."
Gewohnt wird ganz in der Nähe in einem Umkreis von maximal einem Kilometer, um das Angebot möglichst niederschwellig zu halten. Aktuell gibt es zwei Dreier-WGs, weiterer Wohnraum wird gesucht. ,,Das Ziel ist, ein sicheres Zuhause auf Zeit zu bieten, mit Alltagshilfen und einem offenen Ohr", erklärt Jessica Schäffner, Gesamtleitung Wohnen, die das neue Angebot mit einem Projektteam über ein Jahr entwickelt hat. ,,So eigenständig wie möglich mit der Begleitung, die sie benötigen." Vor einigen Wochen sind die ersten fünf Rehabilitanden eingezogen.
Anregung Entwickelt wurde das Angebot auch wegen eines kleinen Schubs aus dem Heilbronner Rathaus. Bisher hat das Therapeutikum seine Angebote nur in der Stadt angesiedelt, es kamen also Patienten aus ganz Heilbronn-Franken in die Käthchenstadt. ,,Sie meinten dann, der Landkreis müsse jetzt auch mal ran, das ging dann aber zwischen den jeweiligen Sozialdezernenten", erläutert Martina Wieland. Man habe sich dann getraut, denn diese Patientengruppe gehöre zu den schwierigsten, weil mit ihnen noch nicht so viel Erfahrung gesammelt werden konnte.
Das Credo bleibt dasselbe, nämlich dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung durch Bildung und Arbeit das Gefühl des Gelingens vermittelt wird. Und das brauchen Menschen jeden Alters.
© Heilbronner Stimme / Stefanie Pfäffle